Russisches Theater „Der Goldene Hahn“ in Magdeburg

Eine russische Oper, gesungen in russischer Sprache, an einem Novembersonntagnachmittag, im Theater Magdeburg, freiwillig? – Nein, danke!

Und dennoch fuhren am 20.11.2022 zehn motivierte Schülerinnen und Schüler der Russischkurse 10 und 12 mit Frau Timme und Frau Knopf genau dorthin, um sich die Oper „Der goldene Hahn“ anzuhören und vor allem anzusehen. Russische Literatur und Musik als Themen des Unterrichts live erlebt.

Die Geschichte vom Goldenen Hahn basiert auf einem Märchen des russischen Dichters Alexander Puschkin, das er 1834 schrieb. Alexander Belski verfasste das Libretto, also die Textvorlage für eine Oper, die von Nikolai Rimski-Korsakow vertont wurde. Die Veröffentlichung fand 1908, erst ein Jahr nach Rimski-Korsakows Tod statt.

Worum geht es in dieser Märchenoper? Wir hatten uns im Vorfeld natürlich informiert:
Der alte Zar Dodon muss sein Leben lang sein Reich gegen alle möglichen Feinde verteidigen und ist nun kriegsmüde. Ein Astrologe verspricht Abhilfe mit seinem Geschenk, dem Goldenen Hahn. Der kräht nämlich nur, wenn das Zarenreich in Gefahr ist. Das klappt eine Weile ganz gut, bis „KIKERIKI !!!“ die nächste Schlacht geschlagen werden muss. Dodon schickt erst einmal seine recht feigen, miteinander verzankten Söhne voraus, die aber nichts Besseres zu tun haben als sich gegenseitig zu töten. Ratlos steht Dodon letztendlich selbst auf dem verwüsteten Schlachtfeld, als plötzlich eine himmlische Erscheinung naht. Die Zauberin Schemacha mitsamt ihrem bunten, schillernden und exotischen Gefolge beeindruckt und verführt Zar Dodon, der sich ihr willenlos ergibt und sie zu seiner Zarin macht. Zurück im Zarenreich, überschlagen sich die Ereignisse: der Astrologe verlangt (nun doch) eine Belohnung für den Hahn. Welche das ist, kann man sich denken – logisch, die Zauberin Schemacha hat es ihm auch angetan. Dodon bringt kurzerhand seinen Nebenbuhler um. Der Goldene Hahn, nun Komplize von Schemacha, tötet Dodon auf nicht gerade feine Hahnenart. Und wer bleibt übrig?
Die lachenden Dritten – der Astrologe, Schemacha, der Goldene Hahn – sowie ein ratloses Volk, was sich fragt: „Was bringt das neue Morgenrot? Wie werden wir ohne Zaren leben?“ Alles ziemlich verwirrend, oder?


Und das sollen wir noch auf Russisch verstehen? Dank modernster Technik wurden die deutschen Übersetzungen eingeblendet, sodass jeder dem Handlungsverlauf folgen und die Gesangspartien verstehen konnte.
Wir waren beeindruckt vom Bühnenbild, das den starken Kontrast zwischen dem alten, düsteren Zarenreich und Schemachas lebendiger und farbenfroher Fantasiewelt sehr deutlich macht. Schwarz und grau gekleidete langbärtige Männer treffen auf leuchtende, blinkende und eigenartige Wesen, die noch dazu mit einem UFO auf dem Schlachtfeld landen. Nun, die Verführungsszene, als Schemacha ihre körperlichen Reize allzu deutlich und erotisch in Szene setzt, wirkte auf uns jugendliche Zuschauer etwas langatmig und befremdlich. Aber die Sänger, Schauspieler und Balletttänzer verstärkten durch ausdrucksstarke Mimik, Gestik und Tanzeinlagen die Handlung und ließen keine Langeweile beim Zuschauer aufkommen.

Unser Fazit: ein lohnenswerter Theaterbesuch, sehr kurzweilig und voller „Action“ (abgesehen vom 2. Akt, wo sehr viele und lange Arien gesungen wurden) und vor allem lehrreich. Wer die kritischen Botschaften verstehen kann und will, die Rimski-Korsakow seinerzeit schon als satirische Anspielungen auf das marode Zarenreich versteckte, findet ebenso Parallelen zur heutigen Zeit.

Noch steht die Oper auf dem Spielplan des Magdeburger Theaters. Wir empfehlen einen Besuch und überlegen, ob wir uns auch die Oper „Eugen Onegin“ ansehen werden, die ab Februar auf dem Spielplan steht.

S. Knopf (im Namen der Theaterbesucher)